Landrat Dr.
Karl Ihmels begrüßt das in Berlin beschlossene Elterngeld,
befürchtet jedoch, dass es in Hessen nicht bei den Eltern
ankommen wird. Nach den Kommunalwahlen müssten die
Landkreise darüber nachdenken, ob und in welchem Umfang sie
zur Sanierung ihrer Haushalte die Eltern an den Schülerbeförderungskosten
beteiligen.
Bei den Experten sei die
Rede zurzeit von einem Drittel der Schülerfahrtkosten, die
den Eltern abgeknöpft werden sollten. Im Lahn-Dill-Kreis
gehe es dabei um gut 3,5 Millionen Euro. Damit würde den
Eltern das Geld im Laufe der Schulzeit wieder weggenommen,
das ihnen zunächst nach der Geburt des Kindes zufließt.
*Diese familienpolitische
Bankrotterklärung muss vom Tisch", forderte der
Landrat. Das Gesetz sei seinerzeit auf Anregung des
Landkreistages beschlossen worden. Er persönlich habe sich
massiv dagegen gewehrt. Ohne Erfolg. Die Beschlussfassung in
Wiesbaden sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die CDU
Familienförderung noch nicht mit der heutigen Akzentsetzung
betrieben habe. Der Landrat habe sich deswegen jetzt mit der
Bitte an die hiesigen Landtagsabgeordneten gewandt, das
Gesetz wieder aufzuheben.
Zwar werde kein Landkreis
verpflichtet, von der Möglichkeit der Elternbeteiligung
Gebrauch zu machen. Das Gesetz sehe dies ausdrücklich nur
als Möglichkeit vor. Angesichts der Haushaltsdefizite werde
aus dieser Möglichkeit eine Verpflichtung. Die
Finanzaufsicht werde nicht zögern, dies zu verdeutlichen.
In dem Zusammenhang erinnerte der Landrat an den Eiertanz um
das Recht der Gemeinden, trotz defizitärer Haushalte den
Kindergartenbesuch kostenfrei zu gestalten.
Regionalpolitisch stehe
aber noch sehr viel mehr auf dem Spiel. Dem ländlichen Raum
drohe aufgrund der demografischen Entwicklung tendenziell
eine schrittweise Entleerung. Seine Hauptattraktivität
bestehe in bezahlbarem Wohnraum für Familien mit Kindern.
Diese Perspektive werde mit der Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten
deutlich beschnitten.
Dabei dürfe man nicht
vergessen, dass insbesondere dem ländlichen Raum eine
drastische Erhöhung der Omnibustarife bevorstehe. Dies würde
die Belastungen für die Eltern noch einmal deutlich erhöhen.
Sie würden dadurch Anlass haben, die Kinder in
Pkw-Fahrgemeinschaften zur Schule zu bringen. Dies wäre
umweltpolitischer Rückschritt. Die dadurch bedingten
zeitlichen Belastungen würden im Zweifel auf dem Rücken
der Frauen ausgetragen. Die Einnahmeverluste für den öffentlichen
Personennahverkehr würden Anlass geben, das ÖPNV-Angebot für
den ländlichen Raum noch deutlicher zu reduzieren. Die auf
diesem Sektor erzielten Fortschritte der letzten zehn Jahre
stünden zur Disposition.
*Schließlich", so der
Landrat abschließend, *würden wir eine neue Bürokratie
aufbauen müssen, die den Elternbeitrag festsetzt, kassiert
und gegebenenfalls säumigen Zahlern nachmacht. Auch sind
Regelungen zu erarbeiten, nach denen das Einkommen berücksichtigt
wird und gegebenenfalls die Sozialhilfe einspringen muss.
Fortschrittliche Überlegungen des
Rhein-Main-Verkehrsverbundes, analog dem Studententicket mit
freier Fahrt innerhalb des gesamten Verbandsgebietes
entsprechende Regelungen auch für Schüler einzuführen, wären
damit Makulatur". |